Analyse von Synthetik-Apertur-Radar- (SAR-) Aufnahmen trocken gefallener Wattgebiete


Diese Arbeiten gehen zurück auf Analysen von mehrfrequenten SAR-Aufnahmen, die während der beiden SIR-C/X-SAR-Kampagnen 1994 über der deutschen Nordseeküste aufgenommen worden waren. Daraus entstand 1998 die Diplomarbeit von Gerd Tanck, und später ein Technischer Report im Rahmen des DLR-Programms "Erstellung beispielhafter X-SAR Endprodukte". Seit 2008 wird im Rahmen des Teilprojektes 4 des deutschen Verbundprojektes "DeMarine Umwelt" untersucht, wie sich die Klassifizierungsmethode auf die Nutzung von Daten mehrerer Satelliten ausdehnen lässt.


Ein Teil des Deutschen Wattenmeeres, abgebildet vom Radarsensor des Europäischen Fernerkundungssatelliten ERS-1. Aus dem Meer aufgetauchte Wattgebiete erscheinen in dieser Aufnahme dunkler als das Meer und das Festland. Das Bild wurde am 26. März 1992, um 10:25 UTC, bei vollständig bewölktem Himmel aufgenommen


Zusammenfassung der Diplomarbeit von G. Tanck:

Die vorliegende Arbeit befaßt sich mit Radarsignaturen trockengefallener Wattgebiete, die vom SIR-C/X-SAR, einem Radar mit synthetischer Apertur, das auf dem amerikanischen Space-Shuttle flog, über dem schleswig-holsteinischen Wattenmeer bei Büsum aufgenommen wurden. Auf der Grundlage des physikalischen IEM-Radarrückstreumodells wurde ein Inversions-Verfahren zur Kartierung der statistischen Rauhigkeitsparameter rms-Höhe und Korrelationslänge von Wattgebieten auf der Basis multifrequenter Radarmessungen entwickelt. Dazu wurden in-situ-Messungen der für die Radarrückstreuung von Wattgebieten verantwortlichen Parameter Wassergehalt und Reliefstruktur durchgeführt. Die Messung der Reliefstruktur, für welche ein spezielles Gerät entwickelt und gebaut wurde, wurde bei gleichzeitigem Überflug des Satelliten ERS-2 durchgeführt, was einen Vergleich mit dem Radarrückstreuquerschnitt der untersuchten Gebiete ermöglichte. Unter Verwendung der gemessenen in-situ-Daten und einer umfangreichen Wattenmeer-Datenbank konnte gezeigt werden, daß sich mit der entwickelten Methode numerische Werte für die statistische Oberflächenrauhigkeit der Wattgebiete aus den Radaraufnahmen ableiten lassen, die gut mit den in der Datenbank enthaltenen und den in-situ-gemessenen Werten im Untersuchungsgebietes übereinstimmen. Auf diese Weise konnten Karten der statistischen Rauhigkeitsparameter erstellt werden, die Aufschluß über die lokalen Werte von Höhenvarianzen und Korrelationslängen der Wattoberfläche geben.

An Hand der Datenbank wurde die Möglichkeit einer Kartierung weiterer Zustandsgrößen von Wattgebieten auf der Grundlage der erstellten Rauhigkeitskarten geprüft. Die Untersuchung der Zusammenhänge zwischen Oberflächenstruktur und Sedimentologie von Wattgebieten hat ergeben, daß es nicht ohne weiteres möglich ist, aus der mit Hilfe des Radars bestimmbaren Oberflächenrauhigkeit zuverlässige Informationen über Wattenmeer-relevante Parameter wie z.B. die Sedimentcharakteristik oder den Wassergehalt des Wattbodens, zu gewinnen. Die Sedimenteigenschaften eines Wattgebietes hängen hauptsächlich von den in diesem Gebiet im raum-zeitlichen Mittel vorherrschenden hydrodynamischen Kräften ab. Die Form des lokalen Oberflächenreliefs von Wattgebieten wird dagegen von einer großen Anzahl unterschiedlicher Faktoren bestimmt, die nicht in direktem Zusammenhang mit diesen mittleren Kräften stehen. So ist die Größe und Ausrichtung von Rippelstrukturen von den aktuellen lokalen Strömungsverhältnissen abhängig, die wiederum von der lokalen Topographie und nicht zuletzt von den aktuellen Wetterbedingungen abhängig sind. Es hat sich außerdem gezeigt, daß auch Erosion und Bioturbation wichtige strukturbildende Prozesse sind, die wiederum von speziellen hydrodynamischen, sedimentologischen und biologischen Faktoren abhängen. Ein weiterer Faktor ist, daß sich mit Hilfe eines Radars nicht die tatsächliche Rauhigkeit des Mikroreliefs untersuchen läßt, son-dern nur die Rauhigkeit derjenigen Oberfläche, die vom Restwasser und den daraus hervorragenden Reliefteilen gebildet wird. Die Gestalt dieser Oberfläche ist extrem von der zum Aufnahmezeitpunkt eingetretenen Tiedephase abhängig.

Aus diesen Gründen ist es nach den bisherigen Erkenntnissen fragwürdig, ob mit Radarverfahren allein eine zuverlässige Kartierung sedimentologischer Parameter von Wattgebieten durchführbar ist. Eine sehr vielversprechende Möglichkeit dazu liegt jedoch in der Kombination von Radar- und optischen Sensoren. Es ist bekannt, daß mit optischen Fernerkundungssensoren zwar vereinzelt erfolgreiche Kartierungen sedimentologischer Größen des Wattenmeeres durchgeführt worden sind (Kleeberg, 1990), diese Verfahren jedoch nicht so zuverlässig sind, daß sie operationell eingesetzt werden könn-ten. In einer Kombination der beiden Verfahren können sich die Sensoren optimal ergänzen, und je-weils komplementäre Informationen über die beobachteten Flächen beisteuern. Während der optische Teil Daten über die spektrale Zusammensetzung der von den beobachteten Gebieten abgestrahlten elektromagnetischen Wellen, und damit Informationen über die Temperatur und die chemische Zusammensetzung des betrachteten Materials liefert, steuert das Radar Informationen über die geometrische Oberflächenbeschaffenheit bei. Da diese Oberflächenbeschaffenheit teilweise im Zusammenhang mit der Sedimentologie von Wattgebieten steht, stellt sie eine wertvolle Zusatzinformation dar, die in Kombination mit optischen Daten die Möglichkeit einer erfolgreichen Klassifikation von Wattgebie-ten stark vergrößern würde.


Wissenschaftliche und technische Arbeitsziele des Teilprojekts SAMOWatt von DeMarine Umwelt :

Flächendeckende Informationen vom Wattenmeer aus Fernerkundungsdaten zu generieren, bekommt durch eine Reihe von Richtlinien und Gesetzen zusehends größere Bedeutung. Richtlinien wie die Wasserrahmenrichtlinie, FFH Richtlinie, die Meeresstrategierichtlinie oder Anforderungen aus dem Status als Weltnaturerbe erfordern Informationen über die Morpho-logie, Lebensräume und ihre Prozesse. Das EU-Papier „Meereskenntnisse 2020“ erkennt das Potential und benennt ausdrücklich das GMES-Programm um die Auswertung von Fernerkundungsdaten als Teil von Monitoringverfahren zu etablieren.

Im Rahmen von DeMarine-Umwelt Teilprojekt 4 konnte ein pre-operationelles Stadium erreicht werden, und zu einem kleinen Teil haben die dort entwickelten Produkte auch schon Einzug in operationelle Anwendung gefunden. Für viele Anwendungsmöglichkeiten sind al-lerdings noch weitere Entwicklungs- und Validationsarbeit zu leisten, um die Ergebnisse als operationellen Dienst implementieren zu können. In diesem Zusammenhang ist es auch notwendig, die Einbindung neuer und zukünftiger Sensoren vorzubereiten. Denn um den ho-hen Anforderungen an Datenbereitstellung trotz einer reduzierten Datenverfügbarkeit durch die Tideabhängigkeit gerecht zu werden, müssen sich Services im Wattenmeer auf ver-schiedene Sensoren stützen. Augenmerk soll hier insbesondere auf Sentinel-1 (C-Band SAR mit einer kleinsten Auflösung von 5m x 5m) und auf Sentinel-2 (multispektral, 10, 20 und 60m) gelegt werden. Als vielversprechende Fortführung von DeMarine-1 TP 4 wird aber auch ein Fokus auf der Anwendung von TerraSAR-X und Tandem-X Daten liegen. Zu einem operationellen Einsatz gehört aus Sicht der Nutzer in starkem Maße neben der momentanen Einschätzung und flächenhaften Erfassung die Anwendung auf räumlichen und zeitlichen Skalen. Auf den Nutzerworkshops von DeMarine Umwelt ist klar zum Ausdruck gebracht worden, dass eine Nutzereinbindung verstärkt vorgenommen werden muss. In DeMarine-1 wurde dies im TP 4 bereits durch die Integration der Nutzer in die Methodenentwicklung praktiziert. Allerdings sollen auch weitere Anwendungen und somit ein größerer Nutzerkreis erschlossen werden, um die Produkte und Services auf eine breitere Nutzerbasis zu stellen. Erste Anfragen während DeMarine-Umwelt zeigten, dass hier ein – wenn auch kleiner – aber potenzieller Markt besteht.

Das Team für das Teilprojekt wird sich wie im Vorläuferprojekt aus Entwicklern, Nutzern und Service Providern zusammensetzten. Somit sind alle am Entwicklungsprozess Beteiligten integriert und die Produkte können zielgerichtet entwickelt und optimiert werden. Die direkte Qualitätskontrolle durch die Nutzer und Validierung mit unabhängigen Geländedaten sind unmittelbar im Vorhaben integriert. Hinzu kommt die Mitwirkung externer Nutzer, mit denen erste Produkte und in-situ Daten ausgetauscht werden sollen. Somit wird die Grundlage für eine zukünftig tragfähige Kooperation weiter ausgebaut. Die Koordination des Teilprojektes wird von der Nationalparkverwaltung Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer übernommen, was die nutzerorientierte Ausrichtung des Vorhabens deutlich macht.


Poster

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